Mit einem Schlag ist alles anders

„Mit einem Schlag ist alles anders“

 

Der Schlaganfall ist die zweithäufigste Todesursache und stellt eine große Gefahr für eine dauerhafte Beeinträchtigung dar. Jährlich ereignen sich in Österreich zwischen 20.000 und 25.000 Schlaganfälle.  Oberösterreich verfügt über 7 Krankenhäuser mit einer Stroke Unit Abteilung.

Das das Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried ist Schwerpunktkrankenhaus und verfügt neben dem breiten Spektrum vier medizinische Schwerpunkte: Onkologie, Orthopädie, Gefäßchirurgie, und Neurologie mit einer Stroke Unit Abteilung.

Eine Stroke Unit ist eine auf die Schnelle Behandlung von Patienten mit Schlaganfall oder Verdacht auf Schlaganfall spezialisierte Abteilung eines Krankenhauses. Dort können Patienten von einem Team von Fachärzten- insbesondere Neurologen, Kardiologen sowie Radiologen und teilweise auch Neurochirurgen und Gefäßchirurgen, intensivmedizinisch interdisziplinär diagnostiziert und therapiert werden.

 

Einzigartiges Pilotprojekt  „Fast Lane“ im Innviertel

 

v.l. nach re. Manuela Gurtner, Leiterin der Rettungsstelle Ried – Christian Dobler-Strehle, BA, Bezirksgeschäftsleiter Rotes Kreuz Ried – Mag. Johann Minihuber, MBA MAS, GF Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried – OA Dr. Klaus Altmann, FA für Neurologie – Prim. Prof. Dr. Andreas Kampfl, Abteilungsleiter der Neurologie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried

 

Schlaganfallpatienten auf der Überholspur

Um Patienten eine noch schnelleren Behandlung zu bieten, wurde das Vorankündigungssystem „Fast Lane“, im Innviertel vom Roten Kreuz und vom Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried konzipiert und umgesetzt.

 

Die Vorverständigung des Krankenhauses erfolgt im Rahmen einer Telefonkonferenzschaltung zwischen der Rettungsleitstelle Innviertel des Roten Kreuzes, Notfallsanitäter*in und diensthabender Neurologin bzw. diensthabendem Neurologen, dabei werden Informationen über den Zustand der Patientin/des Patienten anhand einer Checkliste an das Krankenhaus weitergegeben.

 

Nach dem Gespräch werden die Patientendaten durch die Rettungsleitstelle Innviertel direkt im Krankenhaussystem angelegt. Daraufhin beginnen im Krankenhaus sofort die Vorbereitungsarbeiten für die Aufnahme und Behandlung der Patientin/des Patienten durch die diensthabenden Neurolog*innen: in der Radiologie wird der Computertomograph reserviert, die Krankengeschichte wird eingesehen und das übernehmende Personal wird informiert. Sobald die Patientin/der Patient im Krankenhaus ist, wird mit den Untersuchungen begonnen (Radiologie, Labor, Ultraschall…) und nach der Diagnose unverzüglich behandelt.

 

„Fast Lane“ bringt direkten Patientennutzen

Das Ergebnis des Pilotprojektes kann sich sehen lassen: Im ersten Jahr mit schrittweiser Einführung der Fast Lane wurden bereits mehr als die Hälfte aller Patient*innen, die einer Akuttherapie bedurften, über das neue System vorangekündigt.

 

Zeit von durchschnittlich 51 auf nur noch 26 Minuten halbiert.

Wird ein Patient/eine Patientin über die Fastlane vorgestellt, kann die Zeit bis zur Einleitung der systemischen Lysetherapie beinahe halbiert werden:

Die Door-to-Needle Time (Zeit von der Tür zur Nadel) betrug im Beobachtungszeitraum bei Patient*innen ohne Vorankündigung durchschnittlich 51 Minuten, bei Einsatz der Fast Lane konnte die Therapie bereits nach 26 Minuten beginnen. Mit dieser Zeit liegt das Innviertel bundesweit an der Spitze und kann sogar international mithalten.

Prim. Prof. Dr. Andreas Kampfl, Abteilungsleiter der Neurologie im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried betont: „Time is Brain –denn pro Minute Wartezeit sterben zwei Millionen Nervenzellen ab und das Gehirn altert dabei pro Stunde dreieinhalb Jahre“.

 

 „Diagnose Schlaganfall“

Ein Schlaganfall tritt in der Regel plötzlich und ohne Vorwarnung auf, was bedeutet, dass schnelles Handeln gefragt ist. Ein Schlaganfall ist eine akute Erkrankung bei der die Blutzufuhr zum Gehirn gestört ist, was zu einer Schädigung des Gehirngewebes führen kann. Schnelle und gezielte medizinische Maßnahmen sind entscheidend, um bleibende Schäden zu minimieren und die Heilungschancen zu verbessern.

 

Aber wie erkenne ich einen Schlaganfall?

Die häufigsten Symptome eines Schlaganfalls sind Sehstörungen, Sprach- und Sprachverständnisstörungen, Lähmungen und Taubheitsgefühle, Schwindel mit Gangunsicherheit sowie sehr starke Kopfschmerzen.

 

Mit dem FAST-Test können auch Laien innerhalb kürzester Zeit der Verdacht auf einen Schlaganfall überprüfen.

Merken Sie sich bitte die FAST – Regel

F- steht für Face (Gesicht)

Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin

A- steht für Arms (Arme)

Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, ein Arm sinkt oder dreht sich.

S- steht für Speech (Sprache)

Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.

T- steht für Time (Zeit)

Sind einige  Symptome vorhanden, zögern Sie bitte nicht, sondern wählen unverzüglich den „Notruf 144“ und schildern Sie die Symptome.

Nachdem der Notruf getätigt wurde, wird sofort ein Team losgeschickt. Wird der Verdacht auf einen Schlaganfall vom Rettungsteam/ Notarzt erkannt, beginnt die „Fast Lane“ im Hintergrund. Alle relevanten Daten, Kompetenzen und Ressourcen werden gebündelt und die entsprechende Behandlung wird vorbereitet bevor die Patientin/der Patient im Krankenhaus ist.

 

Was passiert im Krankenhaus?

 

Schnelle Diagnose und Behandlung dank Vorinformation

Sobald ein Patient mit Verdacht auf einen Schlaganfall im Krankenhaus eintrifft, erfolgt eine schnelle diagnostische Abklärung. Ärzte und Pflegekräfte auf der Stroke Unit sind speziell für die Diagnose und Behandlung von Schlaganfällen ausgebildet.

Zu den ersten Schritten gehören: 

Die Klinische Untersuchung, dabei werden die Symptome eines Schlaganfalls erfasst oder es wird gleich ein sofortiges Bildgebendes Verfahren, meistens eine Computertomographie (CT) durchgeführt, um den Typ des Schlaganfalls zu bestimmen (ischämisch oder hämorrhagisch). Diese Bilder helfen, die Ursache des Schlaganfalls zu identifizieren (z. B. Blutgerinnsel oder Blutung).

 

 

Je nach Diagnose wird die Behandlung abgestimmt.

Akutbehandlung

Ischämischer Schlaganfall (Blutgerinnsel): Wenn ein Blutgerinnsel die Blutzufuhr zum Gehirn blockiert, kann der Patient ein Medikament gleich nach dem CT erhalten, um das Gerinnsel aufzulösen. Wenn die Behandlung schnell erfolgt, sind die Genesungsaussichten gut. In manchen Fällen ist auch eine mechanische Thrombektomie erforderlich, um das Gerinnsel direkt zu entfernen.

Beim Hämorrhagischer Schlaganfall (Blutungen) ist die Behandlung oft chirurgisch um die Blutung zu stoppen. In einigen Fällen sind auch andere unterstützende Maßnahmen notwendig.

 

 

Intensive Überwachung

Ein Schlaganfall ist ein medizinischer Notfall, und Patienten auf der Stroke Unit werden rund um die Uhr überwacht, heißt Blutdruck, Herzfrequenz, Atmung und Sauerstoffsättigung werden konstant beobachtet.

 

Neurologische Überwachung

Häufig werden neurologische Tests durchgeführt, um Veränderungen im Zustand des Patienten schnell zu erkennen. Dies hilft, etwaige Komplikationen frühzeitig zu behandeln. Die enge Überwachung ist wichtig, um schnell auf mögliche sekundäre Komplikationen wie Hirndruck, Atemprobleme oder Herzrhythmusstörungen reagieren zu können.

 

Rehabilitation und frühe Mobilisation

Die Behandlung auf einer Stroke Unit endet nicht mit der akuten Phase. Sobald der Patient stabil ist, beginnt die Phase der frühen Rehabilitation. Dies kann beinhalten:

Physiotherapie um die Beweglichkeit und Kraft wiederherzustellen, insbesondere nach einer Lähmung. 

Ergotherapie zur Wiederherstellung der Alltagsfähigkeiten, wie z. B. das Halten von Gegenständen oder das Anziehen von Kleidung.

Logopädie wenn Sprach- oder Schluckstörungen bestehen, wird eine logopädische Therapie begonnen, um diese Funktionen wiederherzustellen.

Je schneller die Rehabilitation beginnt, desto besser sind die Chancen auf eine vollständige oder zumindest teilweise Genesung. Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit stellt sicher, dass der Patient eine umfassende und ganzheitliche Behandlung erhält.

 

Prävention und Beratung

Neben der medizinischen Behandlung spielt die Prävention eine wichtige Rolle. Nicht jeder Schlaganfall lässt sich vermeiden, doch der Lebensstil spielt eine große Rolle. „Wer nicht raucht, regelmäßig körperlich aktiv ist, sich gesund ernährt, nur wenig Alkohol trinkt und seinen Body-Mass-Index unter 25 hält, kann das persönliche Schlaganfallrisiko um bis zu 80 Prozent senken“, betont Prof. Dr. Andreas Kampfl, Leiter der Neurologie am Rieder Schwerpunktspital.

 

Das Innviertel kann mit stolz auf das Pilotprojekt  blicken.  „Fast Lane“ bietet somit eine spezialisierte, ganzheitliche Betreuung für Schlaganfallpatienten vom Notruf bis zur Genesung. Durch diese schnelle und gezielte Maßnahmen kann der Schaden am Gehirn minimiert und die Lebensqualität des Patienten langfristig verbessert werden. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit und frühzeitige Rehabilitation spielen eine entscheidende Rolle bei der Genesung.

 

Das Modell Ried steht zur Ausrollung zur Verfügung

„Wir freuen uns, dass das Pilotprojekt, das wir im Auftrag des Landes Oberösterreich durchgeführt haben, so gute Ergebnisse zeigt, dass der neue Prozess und die Systemanbindung auf andere Krankenhausstandorte in Oberösterreich, die über Stoke Units verfügen, ausgerollt werden kann“, erklärt Mag. Johann Minihuber, Geschäftsführer des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern Ried.

 

Christian Dobler-Strehle, Bezirksgeschäftsstellenleiter des Roten Kreuz Ried führt fort: „Wir nutzen die Erfahrungen, die wir auf Ebene der IT, bei der Kommunikation zwischen Rettungsleitstelle, Notfallteam und Krankenhaus und mit den Checklisten gemacht haben zum Wohle der Bevölkerung im Innviertel und darüber hinaus. In erster Instanz hilft das neue System den Patient*innen, deren Angehörigen und reduziert das Risiko nach einem Schlaganfall in die Pflegebedürftigkeit zu rutschen.“

 

Fotos:

KH Ried/I. Rambossek/Hirnschrodt

Rotes Kreuz Ried/Simharl

 

 

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