Die AK-Leistungsbilanz 2017 zeigt: Die oberösterreichischen Beschäftigten brauchen eine starke Arbeiterkammer
Trotz sinkender Arbeitslosigkeit und steigender Zuversicht der Beschäftigten hatten die Rechtsexperten/-innen der AK Oberösterreich auch 2017 alle Hände voll zu tun: Sie führten im vergangenen Jahr fast 305.000 Beratungen durch und erkämpften fast 70 Millionen Euro für die AK-Mitglieder. „Diese Leistungen für unsere Mitglieder können wir nur aufrechterhalten, wenn die Pflichtmitgliedschaft und die Höhe der Kammerumlage unangetastet bleiben“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.
Insgesamt 304.976 Menschen suchten persönlich, telefonisch oder per E-Mail Rat und Hilfe bei der AK Oberösterreich. Damit wurde das konstant hohe Niveau der vergangenen Jahre gehalten. Den Schwerpunkt bildeten knapp 207.000 arbeits- und sozialrechtliche Beratungen, vor Gleichbehandlungsberatungen und Beratungen bei Insolvenzen. Sieben von zehn Beratungen erfolgten telefonisch – das sind etwas mehr als 850 telefonische Rechtsberatungen pro Arbeitstag.
In den 7400 abgeschlossenen Rechtsfällen wurden für AK-Mitglieder fast 70 Millionen Euro an vorenthaltenen Löhnen und Gehältern sowie an sozialrechtlichen Ansprüchen erstritten. Der größte Anteil entfiel dabei mit mehr als 33,5 Millionen Euro auf das Sozialrecht. In Insolvenzverfahren wurden 22,8 Millionen Euro erkämpft und in Arbeitsrechtssachen 10,8 Millionen Euro.
In einem besonders haarsträubenden Fall vertrat die AK einen aus Ungarn stammenden Privatchauffeur eines Generaldirektors einer österreichischen Firma. Dieser ließ seinen Beschäftigten quasi rund um die Uhr für sich arbeiten. Der Mann wurde nicht nur als Chauffeur eingesetzt, sondern musste zusätzlich als Hausgehilfe arbeiten und seinen Chef sogar auf Urlaube begleiten. Dafür bekam er 466 Euro netto im Monat bezahlt.
Als der Mann einen Arzt brauchte, musste er feststellen, dass er gar nicht versichert war. Sein Chef hatte ihn trotz Vollzeitarbeit samt exzessiver Überstunden nur als „geringfügig Beschäftigten“ angemeldet. Auf Anraten eines Freundes wandte sich der Ungar an die Arbeiterkammer. Diese brachte den Fall vor Gericht. Zahlreiche Ansprüche konnten leider nicht mehr eingeklagt werden, weil sie bereits den viel zu kurzen Verfallsfristen im Arbeitsrecht zum Opfer gefallen waren. Für die letzten drei Arbeitsjahre forderte die AK für den Mann Nachzahlungen für die kollektiv-vertragliche Unterentlohnung, zahlreiche offene Überstunden und Feiertagsentgelte, Entschädigung für nicht konsumierten Urlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Beiträge für die Abfertigungskasse ein. Das Verfahren endete mit einem Vergleich: Der Ungar bekam netto 7500 Euro nachgezahlt.
Leider sind solche Fälle, in denen Ansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können, weil sie bereits verfallen sind, keine Seltenheit. Oft kommt es vor, dass Menschen jahrelang unterentlohnt werden, aber aufgrund der kollektiv- oder einzelvertraglichen Verfallsfristen ihre Ansprüche nur wenige Monate zurück einfordern können – und das erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, weil die Beschäftigten zuvor aus Angst um ihren Job auf das Einfordern der Ansprüche verzichten. Sie verlieren dadurch Beträge in Millionenhöhe.
Ziel der AK ist es daher, dass Verfallsfristen von weniger als drei Jahren für Arbeitnehmeransprüche abgeschafft werden, weil diese weder aus rechtlichen noch aus moralischen Gründen nachvollziehbar sind. „Ein im vergangenen Jahr eingeholtes Gutachten zweier Arbeitsrechtsprofessoren gibt uns bei dieser Forderung vollinhaltlich recht“, erklärt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer und fügt hinzu: „Die Beschäftigten in Oberösterreich brauchen und schätzen eine starke Arbeiterkammer. Umso unverständlicher ist die aktuelle Diskussion über die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bzw. die Senkung der AK-Umlage“.